Heft 3/2019 - Freedom Africa


Die Obafemi Awolowo University (OAU) in Ile-Ife, Nigeria

Emmanuel Babatunde Jaiyeoba


Anfang der 1960er-Jahre wurde mit der Errichtung des Campus der Obafemi Awolowo University (OAU) in Ile-Ife, Nigeria begonnen. Geplant hatte ihn der israelische Architekt Arieh Sharon (1900–84), der beim Bauhaus-Gründer Walter Gropius und darüber hinaus bei Hannes Meyer, Josef Albers, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Joost Schmidt und Gunta Stölzl studiert hatte (die er 1929, im Jahr seines Studienabschlusses, heiratete).
Als Vertreter des internationalen Bauhaus-Stils im Tel Aviv der 1930er-Jahre und Planer mehrerer Kibbuzim in den 1940er- und 1950er-Jahren war Sharons wichtigstes Projekt die Universität von Ife. Der erste Gesamtplan entstand 1961, erstellt gemeinsam mit der nigerianischen Firma AMY Ltd. Die Universität liegt auf einem eigens dafür erworbenen Baugrund von rund 52 Quadratkilometern an der Straße zwischen Ibadan und Ife außerhalb des alten Stadtzentrums von Ile-Ife. Dieser Ort im historischen Kernland der Yoruba bot sich für eine neue Universität abseits der Hauptstadt Lagos an, die als Verwaltungs- und Geschäftszentrum nahe der ersten nigerianischen Universität in Ibadan gelegen war. Obwohl mehrere Städte infrage kamen, entschied sich Sharon aufgrund der historischen Bedeutung der Kultur der Yoruba für Ile-Ife.
Gemeinsam mit seinem nigerianischen Planungsteam bereiste und studierte Sharon Universitätsgelände auf der ganzen Welt, denn die Regierung der Westregion Nigerias hatte den Ehrgeiz, mit allen Universitäten weltweit konkurrenzfähig zu sein. Indes waren Sharon und mehr noch sein Team von den großen Anlagen der Maya in Mexiko begeistert, die aus zusammenhängenden Komplexen umgeben von üppigem Grünland bestanden. Dies inspirierte die Anlage des neuen Campus.
Mit seiner vom Bauhaus geprägten tropisch-modernistischen Architektur reagierte Sharon nach dem Vorbild von Hannes Meyer auf das lokale Klima und die einzigartige Topografie von Ile-Ife. Die Gebäude sind so angelegt, dass die Eingänge beschattet sind, etwa indem auf dem Kopf stehende Pyramidenformen oder sich nach oben hin erweiternde Auskragungen zum Einsatz kamen. Einige der Gebäude sind auf Stelzen gebaut, um eine bessere Zirkulation von kühlerer Luft zu ermöglichen, während die heiße Luft durch Dachöffnungen entweichen kann. Überdachte Gehwege über unterschiedliche Bodenniveaus hinweg garantieren die Kontinuität des sozialen Raums und Schutz vor den Elementen. Entsprechend der Bauhaus-Philosophie wurde auch auf die Integration von abstrakter afrikanischer und traditioneller Kunst der Yoruba, beispielsweise Skulptur, geachtet.

Auszug aus dem Essay „Bauhaus Modernism and the Nigerian Connection: The Socio-Political Context of Arieh Sharon and The University Of Ife Design“, veröffentlicht auf www.bauhaus-imaginista.org anlässlich des Projekts bauhaus imaginista.

 

Übersetzt von Thomas Raab