EE-0

Für das Video EE-0 wurde der altgriechische Mythos der Arachne zu einem poetischen Skript umgedichtet, das einen Sprung von der Antike mitten in die Science-Fiction vollzieht. Mittels hypnotischer Muster und Versen werden subversiv verfremdete Motive aus dem klassischen Mythos mit Anekdoten verknüpft, die bei Recherchen in und um Prizren im Kosovo ausfindig gemacht wurden. Vorstellungen unterdrückten weiblichen Wissens und unterdrückter weiblicher Macht werden anhand lokaler Mythen, Sitten und aktueller soziologischer bzw. kultureller Phänomene thematisiert. Diese sind alle von der globalen Emanzipations- und #MeToo-Bewegung geprägt. Im Mittelpunkt des Videos steht eine Akteurin, die den Text in einem Theater rezitiert und sich nach und nach in die Spinnenfigur Arachne verwandelt. EE-0 reagiert zugleich auch auf den spezifischen Drehort, nämlich den Kosovo als jüngstem Nationalstaat Europas. Die Idee des Werdens wird mit Motiven der Genese, der Veränderung und Metamorphose enggeführt.
Das Video ist in vier Kapitel geteilt. Im ersten, „Arachnes Chor“, wird der Arachne-Mythos nacherzählt, was als Hintergrund für Nahaufnahmen des „Abnehmens“ von Figuren beim Fadenspiel dient. Dann erscheint die Künstlerin als Ankünderin bzw. als Figur der Arachne, die hungrig deklamiert, sie fechte den „Erzähler/Hegemon“ an. Die archetypische dritte Szene, in der Arachne eine „Botin“ trifft, enthält Anekdoten über die Gewalt des Patriarchats, die bei Recherchen im Kosovo gesammelt wurden und von Animationen abgeschlossen werden. Das Video endet mit einer Nahaufnahme der rezitierenden Künstlerin, deren Gesicht von einer Maske bedeckt ist, die von der traditionellen Brauttracht in der kosovarischen Župa-Region inspiriert ist. Sie schließt mit den Worten „das Werden ist das neue Schwarz“, womit Arachnes Wandel und mythisches Schicksal gemeint ist. Sie emanzipiert ihren winzigen schwarzen Leib, indem sie aus der mythischen Welt neue Befreiungsmotive auf der Suche nach einer radikal anderen Welt birgt.
EE-0 ist die erste Episode des Projekts Europa Enterprise. Das Video basiert auf eigens entwickelten Methoden und Konzepten zur Erforschung neuer feministischer Lesarten alter, eurozentrischer Mythen und der Neubewertung des kulturellen bzw. regionalen Erbes. In diesem Rahmen fungiert EE-0 als „Ground Zero“, von dem aus das Europa Enterprise von seinen Gründerinnen Andreja Duganđžić, Jelena Petrović und Lala Raščić weiterentwickelt wird.

Lala Raščić, geboren 1977 in Sarajevo, ist Medien- und Performancekünstlerin. Die Fertigstellung des Videos erfolgte im Juli und August 2018, während sie am Westbalkan-Residency-Programm im Q21 (Museumsquartier Wien) teilnahm.